Samstag, 5. November 2005

Erfahrungsbericht: Praktikum in Italien

„Ich muss nach Italien!“ So mein Gedanke nach einigen Monaten des Italienischstudiums an der RUB. Ich war vorher noch nie dort gewesen, konnte weder anständig Italienisch, noch wusste ich viel über die Kultur. Eigentlich ein seltsamer Einstieg ins Studium, aber nun war die Zeit gekommen etwas draus zu machen. Sprachkurs? Nun, als arme Studentin konnte ich mir so etwas wohl kaum leisten, schon mal gar nicht für einen längeren Zeitraum. Also blieb nur noch eine Möglichkeit: ich musste dort arbeiten, um meinen Aufenthalt irgendwie zu finanzieren. Dank der Hilfe einer ganz lieben Person war dann auch schnell ein Platz gefunden. Es war nun klar, dass ich als Praktikantin im „Uliveto“, einem Behindertenheim in Luserna San Giovanni in der Provincia Torino, für zehn Wochen arbeiten würde. Am 30. Juli war es dann soweit: die Koffer waren gepackt, der Tank voll, es ging ab nach bella Italia. Wie schön dieses Land war, wusste ich bisher noch nicht. Ein bisschen Angst machte sich während der Hinreise breit: Was ist, wenn ich bei der Arbeit etwas falsch mache? Ich verstehe doch kein Wort. Wie soll ich denn überhaupt in diesem fremden Land zurechtkommen? Zu spät: Ich war nun schon angekommen, zum grübeln war keine Zeit mehr da. Meine zukünftige Vorgesetzte empfing mich bei meiner Ankunft, stellte mich allen vor und erklärte mir, wie meine Arbeit aussehen würde. Nach diesem informativen Vortrag wusste ich ungefähr genauso viel wie vorher – ich hatte natürlich rein gar nichts verstanden. So kam es dazu, dass ich direkt einen Tag zu früh zur Arbeit erschien und da ich nicht verstand, was ich nun tun sollte, blieb es auch lediglich bei meiner Anwesenheit. Getan hab ich gar nichts. So ging das dann einige Tage lang: Acht Stunden täglich musste ich kämpfen, dass ich nicht einschlafe. Ständig nur dieses unverständliche „blablabla“ um mich herum, vollkommene Unwissenheit darüber, was ich zu tun hatte – so konnte das doch nicht weitergehen. Nach einer Woche kam mir dann ein Gedanke: mach einfach, was du für sinnvoll erachtest. Ich fing an ungefragt irgendwelche Arbeiten zu erledigen, kam in den Rhythmus und endlich endlich endlich fingen die Menschen an mit mir zu reden, und das sogar laaaaaaangsam. Gut, die erste Hürde war überwunden. Lange Zeit verstand ich dennoch nichts von dem, was man mir sagte, aber aus der Notwendigkeit heraus gewöhnte ich mich daran. Nach zwei Wochen kam dann der Durchbruch: Meine Vorgesetzte kam aus dem Urlaub zurück und bemerkte, dass ich bereits besser Italienisch könne. Was für eine Ermutigung! Hätte die gute Frau gewusst, was für eine Lawine sie in Gang setzen würde, hätte sie wohl gar nichts gesagt. Mit gewachsenem Selbstbewusstsein entwickelte ich mich zu einer richtigen Labertasche. Die Definition von „Arbeiten“ war ohnehin etwas anders als hier: Man hatte jeden Tag einige Stunden zum Kaffee trinken, rauchen und tratschen. So vergaß ich nach und nach meine Angst davor Italienisch zu sprechen und es wurde mir möglich neue Freundschaften innerhalb der Arbeitsgemeinschaft zu knüpfen. Das wirkte sich dann glücklicherweise auch positiv auf meine Freizeit aus: Jeden Abend mit jemandem raus, jeden Abend Menschen kennen lernen. Es klappte, wer hätte das jemals gedacht? Die zehn Wochen im schönen Italien haben mir viel mehr gegeben, als ich mir jemals hätte vorstellen können. Und genommen wurde mir auch etwas: Die Angst in der Landessprache zu sprechen. Ich merke den Unterschied auch an der Uni, denn früher, wenn ich eine Frage auf italienisch beantworten sollte, habe ich lieber geschwiegen und so getan, als wüsste ich die Antwort nicht. „Um Gottes Willen bloß kein Italienisch sprechen“ war so etwas wie mein Leitspruch. Heute sieht das ganz anders aus.
Im Nachhinein betrachtet hat sich die Notlösung in Italien zu arbeiten als die beste Lösung herausgestellt und ich empfehle jedem, der seine Sprachkenntnisse dort aufbessern will, dasselbe zu tun. Bei Sprachkursen (und ich habe einige in anderen Ländern gemacht) trifft man immer auf Deutsche, d.h. man spricht außerhalb der Unterrichts sowieso wieder nur in der eigenen Sprache. Wenn man dort arbeitet ist man gezwungen die ganze Zeit Italienisch zu sprechen und auch wenn es am Anfang manchmal sehr deprimierend sein kann (auch ich hab hin und wieder mal ein Tränchen vergossen), hat man am Ende viel mehr erreicht und man vergisst die anfänglichen Schwierigkeiten. Also Leute: Ab ins kalte Wasser! :-)

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